Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld als wirtschaftliche Entlastung bei Betriebseinschränkungen wegen des Coronavirus

Nun steht auch die Bundesrepublik Deutschland vor der Herausforderung, mit den Auswirkungen des Coronavirus umzugehen. Die neuartige Krankheit bringt wirtschaftliche Belastungen und betriebliche Einschränkungen mit sich. Viele Unternehmen müssen deshalb mit finanziellen Einbußen rechnen, weshalb die volle Beschäftigung von Arbeitnehmern bei voller Vergütung nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Denn grundsätzlich befreien selbst erhebliche Betriebseinschränkungen aufgrund des Coronavirus den Arbeitgeber nicht von seiner Verpflichtung, die Arbeitnehmer entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zu vergüten. Der Arbeitgeber hat das sogenannte Betriebsrisiko auch bei wirtschaftlichen Schwankungen zu tragen. Als Mittel zum Ausgleich dieser wirtschaftlichen Belastung stehen dem Arbeitgeber die Einführung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld zur Verfügung. Diese Möglichkeit wird zurzeit auch in den Medien diskutiert.

Unter Kurzarbeit versteht man die vorübergehende Verringerung der Dauer der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung unter entsprechender Minderung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt. Ziel ist es dabei, betriebsbedingte Kündigungen und somit den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Kurzarbeit hat sich in der Vergangenheit als eines der wirksamsten finanzpolitischen Instrumente erwiesen. Ein solch schwerwiegender Eingriff in die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses bedarf jedoch einer besonderen arbeitsrechtlichen Grundlage. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber nicht einseitig kraft seines Direktionsrechts Kurzarbeit anordnen, weshalb eine Rechtsgrundlage in Form eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung, einer Änderungskündigung, einer arbeitsvertraglichen Regelung oder Kurzarbeit im Rahmen des § 19 KSchG in Betracht kommt. In der Regel wird die Kurzarbeit, sofern es an einer wirksamen tarifvertraglichen Kurzarbeitsklausel fehlt, durch Betriebsvereinbarung eingeführt. Nach § 87 I Nr. 3 BetrVG steht dem Betriebsrat, sofern ein solcher im Betrieb vorhanden ist, insoweit ein zwingendes Mitbestimmungsrecht zu. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einer formlosen Regelungsabrede zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und einer förmlichen Betriebsvereinbarung nach § 77 II BetrVG. Lediglich letztere hat eine Änderung der Arbeitsverträge hinsichtlich der Arbeitszeit und der Lohnzahlungspflicht für die Dauer der Kurzarbeitsperiode zur Folge. Beide Formen der Betriebsvereinbarung genügen jedoch, um Kurzarbeit wirksamen anzuordnen. Aus alledem folgt allerdings, dass insbesondere in betriebsratslosen Betrieben für den Arbeitgeber keine Möglichkeit besteht, ohne Zustimmung der Arbeitnehmer Kurzarbeit anzuordnen. In betriebsratslosten Betrieben bedarf es gesonderter Vereinbarungen mit jedem einzelnen Arbeitnehmer

Soweit Kurzarbeit angeordnet werden kann, kann in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeitergeld durch den Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. Damit sollen die durch Kurzarbeit bedingten wirtschaftlichen Einbußen der Arbeitnehmer abgefedert werden. Das Kurzarbeitergeld wird auf gesonderten Antrag des Arbeitgebers an die von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer bezahlt. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld normiert hierbei § 95 ff. SGB III. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Voraussetzungen:

Es muss zunächst ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen. Erheblich ist ein Arbeitsausfall, wenn er

Ferner muss in dem Betrieb mindestens ein Arbeitnehmer/in beschäftigt sein (betriebliche Voraussetzung) und

Schwierigkeiten in der Praxis wirft die anderweitige Einführung der Kurzarbeit auf, nämlich wenn es sowohl an einer arbeitsvertraglichen Klausel als auch an einer Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglichen Vereinbarung fehlt. Hier bleibt letztlich die Möglichkeit für den Arbeitgeber, eine Änderungskündigung auszusprechen oder eine einvernehmliche Regelung zu erzielen.

Die Bestimmung in § 19 KSchG, nach der Kurzarbeit bei zu entlassenden Arbeitnehmer im Rahmen einer Massenentlassung im Zusammenhang mit den Bestimmungen über Sperrfristen zugelassen werden kann, betrifft allein die individualrechtliche Ermächtigung des Arbeitgebers zur Anordnung von Kurzarbeit in diesen Fällen. Dies betrifft also lediglich die Fälle, in welchen aus betriebsbedingten Gründen eine Massenentlassung erfolgt.

Aufgrund der aktuellen Lage sind in dem vorliegenden Zusammenhang ständig Änderungen zu erwarten.

Die folgende Erleichterungen hat der Gesetzgeber (rückwirkend zum 01. März 2020 und befristet bis zum 31.12.2021) gerade erst verabschiedet:

Die Möglichkeit der Vermeidung bzw. Verringerung existenzbedrohender Einschnitte für Unternehmen ist also grundsätzlich gegeben. Zur Beantwortung Ihrer speziellen Fragen und der Entwicklung von Lösungsvorschlägen steht Ihnen das Arbeitsrechts-Team von DANCKELMANN UND KERST, das die aktuellen Entwicklungen jederzeit im Blick behält, gerne zur Verfügung.


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